ökologisches Bauen und Stadtentwicklung

ökologisches Bauen und Stadtentwicklung
ökologisches Bauen und Stadtentwicklung
 
Ökologisch orientiertes Bauen strebt in allen Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden — von der Planung, der Erstellung über die Nutzung und Erneuerung bis zu ihrer Beseitigung — eine Minimierung des Verbrauchs von Energie und Rohstoffen sowie eine möglichst geringe Belastung des Naturhaushalts an. Im Einzelnen lässt sich ökologisch orientiertes Bauen durch einige wichtige Handlungsgrundsätze charakterisieren.
 
Ökologisches Bauen heißt gesundheits- und umweltverträgliches Bauen. Ein ökologisches Haus ist möglichst vollständig in die natürlichen Kreisläufe eingebunden und nutzt diese, ohne in sie schädigend einzugreifen. Ökologisches Bauen entsteht aus einer ganzheitlichen Betrachtungsweise, einer Integration vieler Teilaspekte in einen planerischen Optimierungsprozess. Das ökologische Haus im engen Sinn gibt es allerdings nicht.
 
Das einzelne Vorhaben erfordert jeweils ein spezifisches Konzept oder Teilkonzept, das heißt einzelne Ökobausteine mit unterschiedlichen Lösungsansätzen, Alternativen und Maßnahmen. Während bei einzelnen und kleineren Wohnungsbauvorhaben meist projektbezogene Konzepte angewendet werden, benötigt die Planung größerer Siedlungen oder die Umgestaltung von ganzen Stadtteilen eine wesentlich weiter reichende Herangehensweise. In diesen Fällen sind umfassende Konzepte erforderlich, die in der Regel mit längerfristigen Planungsprozessen verbunden sind.
 
Die Städte greifen tief in ökologische Kreisläufe ein, indem große Mengen an Energie und Rohstoffen, Wasser und Boden verbraucht und große Mengen Abfall, Abwasser und Abgase produziert werden.
 
Eine Folge der immer mehr sinkenden Lebensqualität in der Stadt ist — zumindest in den hoch entwickelten Ländern — die Flucht ins Grüne und das Umland. Aus historisch klar begrenzten Städten sind Ballungsräume mit unbestimmten Grenzen geworden, die sich zunehmend in die Landschaft ausbreiten.
 
Die ökologische Stadtentwicklung versucht, durch Verbesserung der Lebensbedingungen neue Qualitäten zu schaffen. Der strategische Ansatz geht über das Planen und Bauen von Ökohäusern auf der grünen Wiese weit hinaus. Die Umweltbelange müssen sehr früh im Planungsprozess berücksichtigt werden. Sie beginnen schon bei der planerischen Ausweisung und Erschließung von Baugebieten. Das gültige Planungsrecht sinnvoll zu nutzen, bildet einen ersten Schritt zu diesem Ziel.
 
Die politisch gewollte Zukunftsperspektive in Deutschland ist derzeit, Neubaumaßnahmen mehr in den noch geeigneten Stadt- und Gemeindeflächen zu konzentrieren, um die ökologischen Ausgleichsräume auf dem Land zu erhalten. Diese Innenentwicklung versteht sich als die logische Folgerung, aus den Fehlentwicklungen der Vergangenheit zu lernen, die zu einer starken Zersiedelung der Landschaft geführt haben. Innenentwicklung soll aber nicht bedeuten, dass in den bebauten Gebieten die vorhandenen Freiflächen restlos zugebaut werden. Das große Potenzial nicht optimal genutzter Freiflächen innerhalb der Bebauung muss aufgrund einer ökologischen Gesamtbetrachtung besser genutzt werden, sei es zum Wohnen, Arbeiten oder Erholen.
 
Die Grundsätze einer ökologischen Stadtplanung sind die Funktionsmischung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit; nach Möglichkeit Vermeidung reiner Wohn- oder Gewerbegebiete, darüber hinaus wohnungsnahe Arbeitsplätze und Verringerung der Verkehrswege. Weitere Prinzipien sind die Verminderung des Flächenkonsums durch Flächen sparende Bauweisen und geringeren Flächenverbrauch pro Kopf, die neue Nutzung innerstädtischer Flächen und Schutz der Außenbereiche vor weiterer Bebauung und Bodenversiegelung und die ganzheitliche Konzeption für die städtischen Freiräume und ein umfassendes Freiraumkonzept für das Stadtumland. Schließlich sind noch die Energieeinsparung im Rahmen örtlicher und regionaler Energiekonzepte und ökologisches Planen und Bauen bei den einzelnen Bauten aufzuführen.
 
Vor allem die Flächenausweitung der Bebauung sollte eingeschränkt werden, denn der Boden ist keine beliebig vermehrbare Ware. Dies lässt sich durch Flächen sparende Bauweise und Erschließungsmaßnahmen verwirklichen. Ressourcen schonendes Bauen berücksichtigt bereits in der Planungsphase einen möglichst geringen Bodenverbrauch und muss mit anderen wesentlichen Zielen der Regional- und Bauleitplanung in Einklang gebracht werden. Flächen, die mit Altlasten verseucht sind, müssen saniert werden. Betriebsverlagerungen aus der Stadt hinaus zur Lösung von Gemengelageproblemen sollten die Ausnahme bleiben.
 
Die Umgestaltung eines bereits bestehenden Gebäudes ist einem Neubau vorzuziehen. Im Rahmen einer umweltgerechten Stadtentwicklung sollte der Baumaßnahme im Bestand (Nachverdichtung) und Stadterneuerungsmaßnahmen der Vorrang vor der Ausweisung neuer Baugebiete gegeben werden. Ökologisch sinnvoll ist die Wiedernutzung städtebaulicher Brachflächen einschließlich der Umnutzung ehemals militärisch genutzter Flächen, denn die fortschreitende Zunahme von Siedlungsflächen nimmt immer mehr Landschaft und Freiräume in Anspruch.
 
Bei Neubauten ist eine verdichtete Bauweise (Reihenhäuser, Geschosswohnungsbau) dem traditionellen Einfamilienhaus vorzuziehen. Die Grundrisse sollten so flexibel gestaltet werden, dass ein Haus den jeweiligen individuellen Wohnbedürfnissen der Nutzer angepasst werden kann. Wohngebäude für Familien sollten sich den Veränderungen der Bedürfnisse im Lebenszyklus anpassen können. Zum Beispiel können Reihenhäuser so gestaltet werden, dass das Haus nach Auszug der Kinder in zwei separate Wohneinheiten unterteilbar ist.
 
Ein weiterer wichtiger Aspekt ökologischen Bauens ist die Minimierung von Entfernungen: Was nützt der Bau eines ökologischen Einfamilienhauses auf einem billigen ländlichen Grundstück, wenn dafür viele Kilometer zur Arbeit zu pendeln sind und für Einkaufen und Kinderbeförderung ein Zweitwagen gebraucht wird? Ökologisches Bauen findet seinen Ausdruck auch in der Verknüpfung von Wohnen und Arbeiten in städtischen Mischgebieten.
 
Dipl.-Biol. Bettina Kapahnke-Knittel, Mannheim
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
ökologisches Bauen: Energiehaushalt und Klimatisierung
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Hochbau: Von der Planung zum Rohbau
 
 
Umwelt-Leitfaden für Architekten, herausgegeben vom Bund Deutscher Architekten BDA. Berlin 1995.
 Bohr, Theo / Altmeyer, Monika: Öko-Check Wohnen. Niedernhausen 1996.
 
Energiegerechtes Bauen und Modernisieren. Grundlagen und Beispiele für Architekten, Bauherren und Bewohner, herausgegeben von der Bundesarchitektenkammer. Bearbeitet vom Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie. Basel u. a. 1996.
 
Häuser ökologisch geplant, preiswert gebaut. Tips und Ideen, Materialien und Beispiele, herausgegeben von Hans-Peter Bauer-Böckler. Taunusstein 1996.
 König, Holger: Wege zum gesunden Bauen. Wohnphysiologie, Baustoffe, Baukonstruktionen, Normen und Preise. Staufen im Breisgau 91997.
 
Lebensräume. Der große Ratgeber für ökologisches Bauen und Wohnen, herausgegeben von Thomas Schmitz-Günther. Köln 1998.
 
Leitfaden zum ökologisch orientierten Bauen, herausgegeben vom Umweltbundesamt. Heidelberg 31997.
 
Ökologisch bauen - aber wie? Ein Ratgeber für Bauherren.Mit Bezugsquellennachweis, bearbeitet von Ökologische Verbraucherberatung Mainfranken e. V. Düsseldorf 21997.
 Roller, Gerhard / Gebers, Betty: Umweltschutz durch Bebauungspläne. Ein praktischer Leitfaden. Freiburg 1995.
 Schillberg, Klaus: Altbausanierung mit Naturbaustoffen. Aarau u. a. 1996.
 Schulze Darup, Burkhard: Bauökologie. Wiesbaden u. a. 1996.
 Schwarz, Jutta: Ökologie im Bau. Entscheidungshilfen zur Beurteilung und Auswahl von Baumaterialien. Bern u. a. 41998.
 Tomm, Arwed: Ökologisch planen und bauen. Das Handbuch für Architekten, Ingenieure, Bauherren, Studenten, Baufirmen, Behörden, Stadtplaner, Politiker. Braunschweig u. a. 21994.

Universal-Lexikon. 2012.

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